Beat John, ein Mann mittleren Alters mit Glatze, sitzt auf einer Holzbank in einer städtischen Umgebung mit Gebäuden und Bäumen im Hintergrund. Er trägt einen karierten Mantel, einen Schal und eine dunkle Hose und lächelt in die Kamera.

Beat John, Geschäftsleiter der Opferhilfe beider Basel, setzt sich für barrierefreie und niederschwellige Zugänge zu Beratungsangeboten für Gewaltbetroffene mit Behinderungen ein. Bildnachweis: zVg.

Menschen mit Behinderungen stossen bei Präventions-, Beratungs- und Schutzangeboten auf viele Hürden. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Hochschule Luzern, die der Bundesrat in Auftrag gegeben hat. In seinem Bericht bekräftigt der Bundesrat, dass sich dies ändern müsse. Denn Mitglieder dieser Gruppe sind öfter Opfer von Gewalt. 

Der Bundesrat unterlässt es, konkrete Massnahmen mit Fristen vorzugeben. Die Verantwortlichen der Beratungsstelle für Gewaltbetroffene beider Basel warten jedoch nicht ab. Von sich aus treffen sie Vorkehrungen, damit «wir für Menschen mit Behinderungen niederschwelliger und barrierefreier werden», sagt der Geschäftsleiter, Beat John.

Erste Hürden sind beseitigt 

Erwachsene, Jugendliche und Kinder, die ausgeraubt, geschlagen oder bedroht werden, können die Basler Opferhilfe an der Steinengasse 5 in Basel aufsuchen. Bislang meldeten sich eher wenige Menschen mit Behinderungen bei ihnen. Ein Grund dafür stand in ihrem Newsletter vom vergangenen September: Die Einrichtung sei zu wenig hindernisfrei und das Team nicht ausreichend für Menschen mit Behinderungen sensibilisiert gewesen. Das hat sich inzwischen geändert. 

« Bis Ende Jahr werden wir erste Flyer und Informationen zu den Leistungen der Opferhilfe sowie zum Strafverfahren in leichter Sprache haben. Im Jahr 2025 passen wir die Webseite an und werden auch Audiodateien anbieten. »

Beat John, Geschäftsleiter Opferhilfe beider Basel

Bezüglich Zugänglichkeit und Infrastruktur sind die Beratungsräumlichkeiten mit Lift perfekt erreichbar und es gibt keine Schwellen. «Seit August 2024 ist zudem eine Mitarbeiterin bei uns tätig, die in leichter Sprache beraten kann sowie in der Arbeit mit Piktogrammen geschult ist», führt Beat John aus. Darüber hinaus hätten sie jederzeit die Möglichkeit, eine dolmetschende Person hinzuziehen, etwa für die Gebärdensprache. Dafür arbeiteten sie mit einem Netzwerk zusammen.

Weitere Anpassungen in Planung

Ausserdem planen sie, so John, weitere Zugänge. «Bis Ende Jahr werden wir erste Flyer und Informationen zu den Leistungen der Opferhilfe sowie zum Strafverfahren in leichter Sprache haben. Im Jahr 2025 passen wir die Webseite an und werden auch Audiodateien anbieten.» Er ist sich bewusst, dass das noch nicht reicht: «Es gibt noch viel zu tun.» Die Toilette beispielsweise sei noch nicht barrierefrei. 

Auf die Frage, wie diese Massnahmen bezahlt werden, räumt John ein, dass sie bei anderen Stellen einsparen, um die Flyer in leichter Sprache und die Anpassungen der Website zu finanzieren.

Proaktiv Hand bieten

«Der Prävention wird noch nicht genug Aufmerksamkeit gewidmet», findet zudem Namila Altorfer von Netzwerk Avanti, der Interessenvertretung für Flinta (Frauen, Lesben, inter, non-binäre, trans und agender), Personen mit Behinderungen und chronischen Krankheiten. «Diese Gruppe muss wissen, was Grenzverletzungen sind und an wen sie sich in solchen Situationen wenden können.» Diese Informationen müssten nicht nur zugänglich sein, sondern auch breit unter die Menschen mit Behinderungen gestreut werden.

« Wir haben mit verschiedenen Institutionen Kontakt aufgenommen und unterstützen sie im Erstellen eines internen Schutzkonzeptes. Dazu führen wir Workshops durch. »

Beat John, Geschäftsleiter Opferhilfe beider Basel

Deshalb gehe das Team auch auf die Institutionen im Behindertenbereich des Kantons Basel zu, erklärt John. «Wir haben mit verschiedenen Institutionen Kontakt aufgenommen und unterstützen sie im Erstellen eines internen Schutzkonzeptes. Dazu führen wir Workshops durch.» Denn ihm sei es wichtig, dass auch Beratungs- und Betreuungspersonen im Behindertenwesen für das Thema Gewalt sensibilisiert sind, damit sie Gewaltbetroffene besser motivieren können, die Opferhilfe in Anspruch zu nehmen.

Wunsch nach gegenseitiger Unterstützung  

Als hinderlich bezeichnet John, dass einige Organisationen, die mit Menschen mit Behinderungen arbeiten oder diese vertreten, erwarten, dass die Opferhilfe den ersten Schritt mache und die Barrieren abbaue. Dabei hätte er es begrüsst, wenn diese Organisationen auf ihn zugekommen wären und ihre Unterstützung angeboten hätten – zum Beispiel durch Hilfe, Texte in Leichte Sprache zu übertragen. Dies wäre für die Organisationen selbst auch ein Gewinn.     

Frischen Schwung im Team 

Gleichzeitig erlebt John auch positive Entwicklungen. Die neue Mitarbeiterin, die erfahren ist im Umgang mit Menschen mit kognitiven Behinderungen, bereichert das Team. «Dank dieser neuen Kollegin haben wir viel Schwung und Zuversicht bekommen, dass wir für gewaltbetroffene Menschen mit Behinderungen zugänglicher und niederschwelliger werden und sie so besser unterstützen können.»
John hat sich ausserdem vorgenommen, bei Stellenausschreibungen auch Bewerbungen von Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen und hat inzwischen eine Person im Rollstuhl angestellt. 

John hofft, dass weitere Stellen dem Beispiel der Opferhilfe beider Basel folgen, und dass Kanton und Bund seine und andere Stellen unterstützen, barrierefreier und niederschwelliger für Menschen mit Behinderungen zu werden. Die Schweiz ist nämlich dazu verpflichtet, hier aktiv zu sein, da sie die UN-Behindertenrechtskonvention und Istanbul-Konvention zum Schutz vor Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt unterzeichnet hat. Das schliesst den barrierefreien Zugang zu Angeboten des Gewaltschutzes ein.