Anleitung zu den Untertiteln

Wir haben die Untertitel neu so eingestellt, dass sie ein- und ausgeschaltet werden können. Dadurch habt ihr die Möglichkeit, verschiedene Einstellungen selber vorzunehmen, wie zB. die Schriftart, -farbe oder -grösse der Untertitel anzupassen. Oder überhaupt die Videos mit- oder eben auch ohne Untertitelung zu schauen.

Hier ist eine einfache Anleitung, wie ihr die Untertitel einschalten könnt:

Desktop (also auf deinem Computer, Laptop, Tablet)

1. Video starten:
Starte das Video, das du ansehen möchtest.

2. Untertitel aktivieren:
Das Untertitel-Symbol befindet sich unten rechts im Videoplayer. Dort gibt es 7 Symbole. Klicke auf das zweite Symbol von links. Es ist ein Rechteck mit zwei kleinen Quadraten und Linien darin. So ähnlich sieht es aus: 𝌰

Wenn du auf dieses Symbol gedrückt hast, erscheinen die Untertitel in einer Standard-Darstellung!

3. Anpassen:
Um die Untertiteldarstellung zu ändern, klicke auf das Zahnradsymbol (Einstellungen) ebenfalls unten rechts, wähle erneut das Untertitel-Symbol aus und dann klicke oben rechts auf «Optionen.» Dort kannst du dann die Darstellung der Untertitel so anpassen, wie du möchtest!

Mobile (also auf deinem Handy, Mobiltelefon, Smartphone)

1. Video starten:
Starte das Video, das du ansehen möchtest.

2. Untertitel aktivieren:
Klicke auf das Zahnradsymbol unten rechts Falls du keine Symbole sehen kannst, tippe den Bildschirm kurz an. Die Symbole sollten nun erscheinen. Klicke auf «Deutsch» und die Untertitel erscheinen in einer Standard-Darstellung.

3. Anpassen:
Um die Untertiteldarstellung zu ändern, wähle oben rechts die «Optionen» aus. Dort kannst du dann die Darstellung der Untertitel so anpassen, wie du möchtest! Um das Menü wieder zu verlassen, drücke erneut das Zahnrad-Symbol.

« Wenn du deine Rechte nicht kennst, dann kannst du sie auch nicht einfordern. Und wir alle sind Menschen und haben deswegen Menschenrechte. »

Iris Hartmann, Geschäftsleiterin Verein für eine inklusive Schweiz

[Iris Hartmann] Es war ein grösserer Skandal in der Schweiz, dass viele Unterschriften auch gefälscht wurden, im Sinne von; dass bezahlte Firmen den Auftrag erhalten, Unterschriften zu sammeln und dort teilweise auch wirklich beschissen haben. 

Wir haben nicht mit solchen Firmen zusammengearbeitet und haben niemandem den Auftrag gegeben, gegen Geld Unterschriften zu sammeln.

[Nathalie Anderegg] Das sagt Iris Hartmann in ihrer Rolle als Koordinatorin der Inklusionsinitiative. 

Im folgenden Podcast erzählt sie mit ihrer Mitarbeiterin Mira Fischbacher vom Sammeln der mehr als 100’000 Unterschriften. Weiter erklären sie, warum das jetzige Behindertenhilfegesetz bei Weitem nicht genügt für eine wirkliche Inklusion von Menschen mit Behinderungen und warum die Forderungen der Inklusionsinitiative so wichtig sind für die Gesellschaft. 

[Klaviermusik]

Ihr hört einen Podcast von Reporter:innen ohne Barrieren. Ich bin Nathalie Anderegg. 

[Klaviermusik]

Steigen wir also ein. Zuerst stellen sich die beiden vor.

[Iris Hartmann] Ich bin Iris Hartmann, aktuell als Geschäftsleiterin des Vereins für eine inklusive Schweiz tätig. 

Das ist der Trägerverein der Inklusionsinitiative. Das heisst, mein Job ist, mehr oder weniger alles zu koordinieren, damit diese Initiative von A bis Z durchgeführt werden kann. 

[Mira Fischbacher] Ich bin Mira Fischbacher. Ich bin dazu gekommen zur Inklusionsinitiative, weil dieses Thema mich sehr, sehr fest beschäftigt. Ich selber habe eine Behinderung und bin im Rollstuhl. Ich habe eine neurodegenerative Krankheit. 

Das heisst, sie wird laufend schlimmer. Und ich bin erst jetzt seit drei Jahren im Rollstuhl. Vorher war ich lange Zeit mit dem Rolator unterwegs. Dadurch kenne ich wie beides, aber ich habe voll normal gearbeitet und dann habe ich dann noch gearbeitet bis ich 26 war. Dann musste ich aufgrund eines Burnouts auch wegen der Behinderung aus dem Berufsleben aussteigen und konnte dann erst wieder letztes Jahr dadurch, dass ich bei der Behinderungssession dabei war, da habe ich wieder Kontakt bekommen mit der Pro Infirmis und so ist es dann wie zustande gekommen, dass ich mit der Pro Infirmis zusammen arbeite, also ich bin da Projektmitarbeiterin. 

[NA] Ein Job im ersten Arbeitsmarkt also, das ist selten und bemerkenswert. Mira Fischbacher ist 31 Jahre alt und lebt mit ihrem Mann in einer barrierefreien Wohnung. Es ist aber trotzdem schwierig. 

« Das BehiG basiert auf einer Struktur und Vorstellung von Behinderung aus dem letzten Jahrhundert. Und diese Revision aktuell hat nicht viel Neues gebracht und ist teilweise sogar eher ein Schritt zurück. »

Iris Hartmann, Geschäftsleiterin Verein für eine inklusive Schweiz

[MF] Die Wohnung ist barrierefrei und schwellenlos, aber die Küche ist halt nicht eingestellt für Rollstuhlfahrer. 

Ich habe nur einen Aktivrollstuhl, ich habe keinen Elektrorollstuhl, ich bin schon nicht ganz so geübt und schnell im Fahren, da ist es manchmal an der Grenze, wie ich es handhabe, aber ich will halt so viel wie möglich noch selber aktiv sein, da es mir selber sehr gut tut. 

Mit dem Aktivrollstuhl finde ich ist eigentlich noch vieles einfacher in der ÖV als mit dem Elektrorollstuhl. Also merke ich, dass ich oftmals wenn zb das Perron extrem weit oben ist oder so, bringt sie mich schon irgendwie rein und ich hau kurz zwei Leute an oder so, aber mit dem Elektrorollstuhl kannst du oftmals nicht so schnell schnell reinhiefen oder so. 

Elektrorollstuhl Die Zustände im ÖV sind für Menschen mit Behinderungen nach wie vor unzumutbar. Ein barrierefreier ÖV ist ja auch eine der Forderungen der Inklusionsinitiative. Hinter den Kulissen der Inklusionsinitiative war Iris Hartmann aktiv, die 107’000 echten Unterschriften zusammenzukriegen, das war ihr Job. 

[IH] Es war ein grösserer Skandal in der Schweiz, viele Unterschriften auch gefälscht wurden im Sinne von das bezahlte Firmen den Austrag erhalten, Unterschriften zu sammeln und dort halt teilweise auch. wirklich beschissen haben. 

Wir haben nicht mit solchen Firmen zusammengearbeitet, also auch die Organisationen, die mit unterstützt haben, haben niemandem den Auftrag gegeben, gegen Geld Unterschriften zu sammeln. Wir haben das Geld dafür so investiert, dass wir eben Menschen zusammenbringen konnten, damit sie dann, sage ich jetzt mal, als inklusive Sammelteams unterwegs sein konnten. 

Also Menschen mit und ohne Behinderungen gemeinsam auf der Strasse, dass wir das versucht haben, zu fördern oder eben das Geld in die Kommunikation gesteckt haben, um zu schauen, was braucht es denn, um eben vor allem Menschen mit Behinderungen zu motivieren. Das allererste Mal vielleicht für sie in ihrem Leben für ihre eigenen politischen Rechte auf die Strasse zu gehen. 

Und das braucht, wie gesagt, viel Mut, viel Zeit und viel Energie. Und das hat am Schluss, glaube ich, dieses ganz Zusammenspiel von Menschen mit und ohne Behinderungen, Zivilbevölkerung, Organisationen, hat dazu geführt, dass wir diese notwendigen Unterschriften zusammengekriegt haben und dann auch einreichen konnten am 5. September. Und ein paar wenige, die ich persönlich kennenlernen durfte, haben sich wirklich durch ein unglaubliches Engagement irgendwie aus der Masse hervorheben können. 

Da war sicher eine Person davon Mira. Sie war auch sehr aktiv auf Instagram. Deswegen habe ich immer wieder mitbekommen, wenn sie unterwegs war. Das war von Unihockey-Club-Veranstaltungen, während Turnieren, wo sie gesammelt hat, über nationale Aktionstage, wo wir wirklich versucht haben, überall in der Schweiz die Menschen zu motivieren, sich zusammenzufinden und dort an einem Ort mit oder ohne Stand Unterschriften zusammen. 

« Wir müssen wütend werden, wir müssen jetzt auf die Strasse gehen. Alle gemeinsam, weil sonst ist dieser Moment verstrichen. »

Iris Hartmann, Koordinatorin der Inklusionsinitiative

[MF] Ich habe es sogar gezählt: Bei 520 oder so habe ich es aber aufgehört aufzuschreiben. Für mich waren es irgendwie die 500. Wie so ein Ziel von mir, dass ich so ein halbes Prozent von der Unterschriftenanzahl kommt von mir! 

[NA] Simone Leuenberger, Rollstuhlfahrerin und Mitglied des Initiativkomitees hat anlässlich einer Sammelaktion in Bern besonders beeindruckenden Einsatz gezeigt, schwärmt Iris Hartmann. 

[IH] Sie war ein bisschen auf der Seite, ich glaube, so zwei Meter neben dem Stand und hat einfach während drei Stunden, glaube ich, mindestens 500 plus Menschen angesprochen und hat uns SO viele Menschen zum Stand hingeschickt. 

Ihr Job – sie hat das selber bestimmt – ihr Job war, es Menschen anzusprechen. Sie hat dasselbe Sprüchlein 100 Mal, also wirklich X mal gesagt und viele von den Menschen sind danach zum Stand gekommen, sodass wir teilweise nicht nachkamen, um den Kugelschreiber von einer Hand zur nächsten weiter zu reichen. 

Und ich habe mir nur gedacht; wie schafft sie das? Es braucht SO viel Energie, um unbekannte Menschen anzusprechen und sie von einem Anliegen zu überzeugen, von deinem Anliegen zu überzeugen, weil sehr viele Menschen sind desinteressiert, haben keine Zeit, müssen einkaufen gehen, müssen sehr schnell nach Hause gehen, wursteln irgendwie eine Entschuldigung heraus und dann sind sie wieder weg. 

Und sie hat sich nicht kleinkriegen lassen. Mit unglaublichem Erfolg. Also das hat mich jedes Mal wieder beeindruckt und ich dachte nur: Wie macht sie das? Weil eben ein «Nein» zu kassieren, das geht sehr schnell. 

Und um ein bisschen die Zahlen zu nennen; also wenn du in einer Stunde zehn Unterschriften gesammelt hast, ist das viel. 

[MF] Bei uns war das oftmals auch so, dass zum Teil Fussgänger oder halt Menschen, denen man eine Behinderung nicht unbedingt ansieht, es viel schwerer ist, dass diese Leute Unterschriften kriegen. 

Und das habe ich oftmals auch erlebt, dass wenn ICH Leute angesprochen habe, dann ist mir das aufgefallen, dass die Leute zu mir wie ein Nein sagen und nicht unterschreiben möchten. Ich habe das ihrem Gesicht angesehen, dass sie nicht möchten, dass ich ihnen gleichgestellt werde. Das ist viel schwieriger, wie jemand, dem man die Behinderung nicht unbedingt ansieht. 

Was ich immer gesagt habe: Ich sammle Unterschriften für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. Dann habe ich auf mich gezeigt und dann habe ich auf die Menschen gegenüber – ohne Behinderungen – gezeigt. Und dann meistens war es nonverbal wie schon klar. 

Ich denke, das war extrem ein Vorteil. Besonders eine Rollschuhfahrer:in wird anders angesehen. Dass sie Schwierigkeiten im ÖV haben. Auch wenn die grössere Menschheit unsere Barrieren und Hürden gar nicht kennt, ist vielen trotzdem klar, dass wahrscheinlich nicht alles so einfach geht. 

« Die Gleichstellung ist nicht da. Der ÖV nicht zugänglich. Ganz viele Teile der Öffentlichkeit sind nicht zugänglich. Für andere Menschen mit Behinderungen ist Ausbildung zum Teil auch nicht zugänglich. Also es ist wirklich in fast allen Lebensbereichen so, dass es nicht offen ist. »

Mira Fischbacher, Projektmitarbeiterin Pro Infirmis

[NA] Beeindruckend waren auch die vielen Menschen mit kognitiven Behinderungen, die sehr aktiv auf der Strasse Unterschriften gesammelt haben, obwohl viele von ihnen an Abstimmungen und Wahlen gar nicht teilnehmen dürfen. 

Vielen Menschen mit kognitiven Behinderungen wird das Stimm- und Wahlrecht nie erteilt oder im Laufe des Lebens weggenommen, wenn sie unter eine umfassende Beistandschaft gestellt werden. Das betrifft übrigens auch Menschen mit psychischen Behinderungen, sowie mit Demenz und Alzheimer, das kann also jeden treffen! 

Iris Hartmann konnte solche Menschen kennenlernen.

[IH] Ich habe Leute kennengelernt, auf jeden Fall. Ich kenne auch, gewisse Treffs, wie der Domino-Treff in Bern. Dort können sich Menschen mit kognitiven Beinträchtigungen regelmässig austauschen etc. 

Die haben extra Workshops gemacht, wo es darum ging: «Was ist denn die Inklusionsinitiative», «Was geht uns diese Initiative an» und vor allem, «Was fordert diese Initiative?» Und dann sind sie danach gemeinsam Unterschriften sammeln gegangen. 

Also da ist es wirklich das Ziel gewesen, auch wenn du deine Rechte nicht kennst, dann kannst du sie auch nicht einfordern. Und wir alle sind Menschen und haben deswegen Menschenrechte. Ich habe gerade das Beispiel im Kopf von Professor Markus Schäfer, der hat gesagt: «Wir Menschen haben Rechte, weil wenn wir keine Rechte hätten, dann wären wir Sachen.» 

Dann wären wir ein Ding und ich finde das furchtbar, diese Vorstellung wie ein Ding behandelt zu werden. dass du nicht selbstbestimmt eben teilhaben kannst an dieser Gesellschaft. Und genau auf das zielt er diese Inklusionsinitiative ab. 

Und deswegen waren zum Beispiel diese Workshops mit Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung sehr, sehr wichtig. Und der Schritt danach hinaus in die Öffentlichkeit mit einem Kugelschreiber und dem Unterschriftenblatt bewaffnet und los geht. 

Die Begegnung, das ist was zählt, weil das hinterlässt Eindruck. Weil viele Menschen in der Schweiz ohne Behinderung haben keine Ahnung, wie es ist mit einem Menschen – ich sage jetzt mal mit Trisomie 21 – zu sprechen. 

Viele haben Angst davor und dann mal angesprochen zu werden und zu merken, es ist einfach ein Mensch. Das hat glaube ich auch vielen aufgezeigt, dass diese Parallelwelten eigentlich gar nicht existieren dürften. Und viele haben deswegen dann auch unterschrieben. 

[NA] Begegnung mit Menschen mit Behinderungen im realen Leben, etwas ganz Wichtiges für die Gesellschaft. Sensibilisierung für deren Anliegen zu schaffen, auch das ist ein Ziel der Inklusionsinitiative. 

Es gibt allerdings schon seit 20 Jahren ein Gesetz, das die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen abschaffen sollte. Nämlich das Behindertengleichstellungsgesetz, kurz BehiG. Dies ist allerdings ein zahnloser Tiger, wie es sich herausgestellt hat. 

Aktuell wird es überarbeitet, doch dagegen laufen die Behindertenorganisationen Sturm. Iris Hartmann kennt die Kritikpunkte. 

[IH] Also das Behindertengleichstellungsgesetz, dieses BehiG, wie du gesagt hast, das sollte ursprünglich Rahmenbedingungen schaffen zur Beseitigung der Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen. 

Und um Beispiel oder zwei zu nennen: Es geht, im Zugang zu Bauten, die behindertengerechte Gestaltung des öffentlichen Verkehrs, das heisst auch die Zugänglichkeit des Verkehrs etc. Dieses Gesetz gibt es seit 2004, das ist jetzt also 20 Jahre alt. 

Und jetzt mit dieser Revision, also mit dieser Überarbeitung wurde klar, dass sich nicht viel verändern wird. Also was bisher sichtbar wurde, der Öffentlichkeit gegenüber, wurde scharf kritisiert. Das kann ich zum Beispiel sagen, das wurde im März schon scharf kritisiert. 

Es ist aber nicht viel passiert. Und jetzt wissen wir, dass im Dezember quasi dann der Bundesrat mit grosser Sicherheit darüber entscheiden wird, ob dieser erste Entwurf dieser Revision so akzeptiert wird. 

Und dann wird das weitergereicht im politischen Prozess ins Parlament, also in die Kommission und ins Parlament. Das BehiG basiert auf einer Struktur und Vorstellung von Behinderung aus dem letzten Jahrhundert. 

Und diese Revision aktuell hat nicht viel Neues gebracht und ist teilweise sogar eher ein Schritt zurück. Wenn jetzt diese erste Überarbeitung angenommen werden sollte vom Bundesrat, kann der Eindruck entstehen, wir machen ja genug für Menschen mit Behinderungen und für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. 

« Aufgrund solcher Versäumnisse im Bau können viele Menschen mit Behinderungen nicht am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. So gibt es viel zu wenige Begegnungsräume. Es ist eine Parallelwelt, von der die Öffentlichkeit kaum etwas mitbekommt. »

Nathalie Anderegg, Reporterin RoB

Und in dieser Vision sind zum Beispiel überhaupt keine Forderungen der Inklusions-Initiative drin. Das heisst, wenn alles schiefläuft, könnte die Inklusionsinitiative mit ihren Forderungen einfach so ein bisschen – wie wir das formuliert haben – aufs Abstellgleis geführt werden, weil dann der Fokus eben auf diesem Behindertengleichstellungsgesetz ist. 

Der Vorstand des Vereins für eine inklusive Schweiz hat gesagt, es ist sehr wichtig, dass aktuell diese Revision gestoppt wird und dass wir einfach mal grösser denken und auch denken, wir schaffen jetzt wieder eine Rahmengesetz für möglicherweise die nächsten 20 Jahre. 

Und wenn das dasselbe ist wie die letzten 20 Jahre und wir gesehen haben, das funktioniert nicht und es bringt zwar kleine Verbesserungen, aber wir sind weit von der wirklichen Inklusion von Menschen mit Behinderungen entfernt, dann sollten wir jetzt auch grösser denken und diese Revision so ausarbeiten, dass eine Umsetzung der UNO-Behindertenrechtskonvention einfach auch Realität wird. 

Diese UNO-Behindertenrechtskonvention – muss man hier auch mal sagen – wurde vor 10 Jahren in der Schweiz ratifiziert. Das heisst, eigentlich hat die Schweiz die Pflicht, diese umzusetzen. Und die Inklusionsinitiative – um das Ganze abzuschliessen – fordert eigentlich nichts anderes, als die Umsetzung dieser UNO-Behindertenrechtskonvention in der Schweiz. Wieso machen wir es also nicht? 

Deswegen haben wir diesen ganzen Appell, also diesen öffentlichen Brief an den Bundesrat und das Parlament geschrieben und jetzt wurde dieser gestartet. Jetzt haben wir auch so einen Zeitpunkt erreicht, wo wir einfach wahnsinnig viel Lärm machen müssen. 

Wir müssen wütend werden, wir müssen jetzt auf die Strasse gehen. Alle gemeinsam, weil sonst ist dieser Moment verstrichen und dann sitzen wir 20 Jahre wieder auf dem selben Konstrukt und Vorstellungen und Einschränkungen und Barrieren – die Liste ist lang – wie die letzten 20 Jahre.

[NA] Mira Fischbacher schildert die vielen Baustellen, die durch das BehiG noch nicht beendet wurden. 

[MF] Die Gleichstellung ist nicht da. Der ÖV nicht zugänglich. 

Ganz viele Teile der Öffentlichkeit sind nicht zugänglich. Für andere Menschen mit Behinderungen ist Ausbildung zum Teil auch nicht zugänglich. Also es ist wirklich in fast allen Lebensbereichen so, dass es nicht offen ist für Menschen mit Behinderungen und ich merke selber in meinem Alltag, dass wir oftmals nicht dazugehören. 

Wie wir ein bisschen separatisiert werden und ausgeschlossen werden. Und daher war es für mich von Anfang an sehr wichtig, diese Initiative zu unterstützen, wo ich kann auch mit allem was ich bin. Und ich finde es so wichtig und besonders eben halt für uns Menschen mit Behinderungen, dass wir das selber zeigen: Wir gehören zur Gesellschaft und es ist wichtig, dass wir dabei sind und es hat auch sein Gutes, dass wir dabei sind und nicht nur negatives. 

Die Vielfältigkeit erweitert den Horizont, weil auch Menschen mit Behinderungen haben so viel unterschiedliche Hürden. Ein sehbeeinträchtigter Mensch, ein hörbeeinträchtigter Mensch hat ganz andere Probleme oder Hürden wie eine Rollstuhlfahrer:in und ich denke auch kognitiv beeinträchtigte Menschen haben auch nochmals ganz andere Probleme – auch mit der leichten Sprache – die noch so in den Kinderschuhen steckt. 

Ja, als Mensch mit Behinderungen braucht alles Planung. Jedes Mal, wenn du in die Öffentlichkeit gehst. Überall musst du schauen; komme ich überhaupt in diesen Laden rein? Kann ich überhaupt dahin? Ist es überhaupt möglich für mich, dass ich eine Arztpraxis besuchen kann?

Alles, alles muss abgeklärt werden. Wenn du in den Urlaub willst, gibt es fast keine Hotelzimmer für Menschen mit Behinderungen und meistens ist es auch um ein Vielfaches teurer. Dass UNO-Behindertengleichstellungsgesetz verlangt ein autonomes Reisen. 

Es sollte nicht immer so sein, dass wir immer noch einen extra Weg brauchen oder jemanden, der dir hilft. Sondern es soll selbstständig sein. Hier wird immer, wie gesagt, dass du eigentlich keinen Platz hast in der Gesellschaft. 

Also ich verstehe, jede:n, der nicht unbedingt die Kraft dazu hat, herauszugehen oder diese ganzen Planungen zu machen.

« Die Öffentlichkeit, die sollte zugänglich sein. Politik sollte zugänglich sein. Das Wohnen sollte ermöglicht werden. Arbeitsstellen – die sehr, sehr fest profitieren würden von Menschen mit Behinderungen – sollen zugänglich gemacht werden. »

Mira Fischbacher, Projektmitarbeiterin Pro Infirmis

[IH] Das gilt ja auch für alle anderen Menschen. Nicht nur die mit Rollstuhl. Sondern es geht auch um all die Menschen, die irgendwie eine Seh- oder Hörbehinderung haben. 

Ich habe das so eindrücklich gefunden. An der Einreichung gab es zB. Fernanda Hinz. Sie ist eine junge Frau, selbst Mutter, gehörlos. Sie hat erzählt aus ihrem Alltag und ihr Alltag – und das darf man nicht unterschätzen – der ist geprägt von Stress. 

Weil SO viele Barrieren bestehen. Du wirst behindert von der Gesellschaft. 

[MF] Ich weiss einfach durch meine Arbeit bei der Pro Infirmis, wo ich auch viel mit der Zugänglichkeit zum Internet arbeite, dass das Internet für blinde Menschen noch soooo richtig krass in den Kinderschuhen steckt. Die können nicht einfach ein Doodle ausfüllen um einen Termin abzumachen. Ich denke, da gibt es doch so viele Hürden oder Barrieren. 

[NA] Ein sehr wichtiges Thema ist das selbstständige Wohnen. Auch da hat das BehiG viel zu wenig erreicht. Mira ist als Rollstuhlfahrerin in einer der Gruppen, die davon besonders betroffen sind. 

[MF] Mit der Behindertensession hat Simone Leuenberger im 10vor10 gesagt, dass eine Wohnung eine brandschutzmässige Tür oder Vorrichtung haben muss und das alles geregelt ist. 

Aber die Wahrscheinlichkeit ist viel grösser, dass einmal ein Mensch mit Behinderung der die Treppe nicht nehmen kann, in eine Wohnung muss. Viel grösser als ein Brand. Das ist mir so eingefahren. 

Menschen mit Behinderungen sollen wirklich in jeder Situation mitberücksichtigt werden. Wenn man das von Anfang an macht, kann es so viel einfacher gemacht werden. 

[NA] Aufgrund solcher Versäumnisse im Bau können viele Menschen mit Behinderungen nicht am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. 

So gibt es viel zu wenige Begegnungsräume. Es ist eine Parallelwelt, von der die Öffentlichkeit kaum etwas mitbekommt. In solchen Parallelwelten leben auch gehörlose Menschen, die durch sprachliche Barrieren in ihrer eigenen Subkultur leben. 

Menschen mit psychischen oder kognitiven Behinderungen leiden unter den Barrieren in den Köpfen, die durch die Stigmatisierungen stehen. Alle diese Menschen wollen aber teilnehmen am öffentlichen Leben wie jeder andere auch. 

Iris Hartmann findet, so könne es nicht weitergehen. 

[IH] Diese Parallelwelten sollen nicht mehr existieren, sondern Menschen mit Behinderungen sollen enthindert werden quasi, und Teil werden dieser Gesellschaft. Denn beitragen können alle. 

Ich habe mit Mira direkt zusammengearbeitet und gesehen, wie viel das für mich auch eine Bereicherung war. Eben zu sagen «Ach, wir sind unter Stress etc.» und ich spüre selber auch diese Vorbereitungen für die Einreichung waren sehr anstrengend. 

Und gleichzeitig habe ich gesehen, hey, die Qualität von mir, das Arbeit war wirklich exzellent. Und es hat mir auch aufgezeigt, ja, dann dauert es halb mal zwei Stunden länger, da musst du dir diese Zeit einfach aufnehmen. 

Wir müssen mit diesen Begegnungen raus auf die Strasse, in die Gesellschaft, immer mehr darüber sprechen, etc. Weil viele – wie mir das auch gesagt haben – haben noch NIE Kontakt gehabt und die kommen dann auf die Welt. 

Weil ja, Menschen in Institutionen um die wird sich gesorgt, aber die sind eben auch versorgt. Die sind weg von der Gesellschaft und diese Wahl zwischen entweder zu Hause beiden Eltern, die sich um dich kümmern oder in der Institution, wo man sich um dich kümmert, es gibt wenig dazwischen. 

Und dieses wenige dazwischen, diese freie Wahl, die wollen wir ja auch fördern. Wir alle müssen uns quasi auch als Botschafter:innen verstehen für eine inklusive Gesellschaft und diese Rolle auch ernst nehmen. 

[NA] Für Mira Fischbacher braucht es noch so vieles für eine wahre Inklusion. 

[MF] Die Öffentlichkeit, die sollte zugänglich sein. Politik sollte zugänglich sein. Das Wohnen sollte ermöglicht werden. Arbeitsstellen – die sehr, sehr fest profitieren würden von Menschen mit Behinderungen – sollen zugänglich gemacht werden. 

Und es sollte nicht so sein, dass du zwei Jahre arbeitslos bist. Einfach, weil dir keine Firma überhaupt die Chance gibt, dass du dich beweisen kannst. 

Es ist wirklich überfällig. Sowieso für die Schweiz, wir sind ein sehr, sehr fortgeschrittenes Land. Wir haben Infrastruktur, wir haben Finanzen. Und dann bin ich es besonders wichtig, dass die Inklusion vorangetrieben werden müsste. 

Ich denke auch, dass es der Schweiz sogar gut tut. Dass es auch Menschen mit Behinderungen hat. Ich denke, wir sind so Leistungsbezogen. Und ich merke oft bei meinen Freunden, wie ich sie auch oftmals einfach herausbringe aus Ihrem perfekten Leistungsdenken. 

Daher finde ich, wir Menschen mit Behinderungen haben auch da eine Stärke, um das hineinzubringen. Das sich nicht immer alles um Leistung dreht und das Leben und die Menschen auch noch andere Qualitäten haben. 

[NA] Genau, gerade in einer Zeit, wo immer mehr Menschen unter dem Leistungsdruck zusammenbrechen – Junge wie Alte – wäre das ein Gesellschaftsmodell, das allen zugute käme. Ich würde sogar sagen; Menschsein bedeutet Vielfalt in jeder Hinsicht. 

Wir sind mehr als Stereotype Barbies und Kens wie auf Instagram. Schönheit liegt im Auge des Betrachters und nicht im Algorithmus der Filter. Die Vielfältigkeit hat uns Menschen zu dem gemacht, was wir sind. Nämlich eine Spezies, die sich überall entwickeln und sich an fast alle Umstände anpassen kann. 

Wir Menschen mit Behinderungen – wozu ich als Reporterin ohne Barrieren auch gehöre – sind 15% der Bevölkerung. Stehen wir zusammen, werden wir laut und zeigen wir uns. So viel von unserem Potenzial, Talent und Wissen liegt brach. 

Dabei haben wir der Gesellschaft so viel zu bieten. Lasst uns rein in alle Räume und ihr werdet staunen. 

[Klaviermusik] 

Das war ein Podcast von Reporter:innen ohne Barrieren. Ich bin Nathalie Anderegg.

[Klaviermusik]