Sarah Egli. Bildnachweis: Michael Waser
Bereits in früher Kindheit begannen ihre Schwierigkeiten, weshalb sie in psychotherapeutische Behandlung kam.
«Auf meiner jahrelangen Odyssee durch die Psychiatrie sammelte ich zunächst einen ganzen Strauss an Diagnosen, bis ich dann vor zwei Jahren die Diagnose Autismus bekam.», meint Egli.
Bis vor kurzem seien Frauen viel seltener als Männer als Autist:innen erkannt worden, erklärt Sarah Egli. Dies habe sich in der Zwischenzeit geändert. Sie sei froh darüber, endlich die Diagnose zu haben, die ihre Schwierigkeiten mit sich selbst und im Kontakt mit der Umwelt erklärt.
Die Hauptschwierigkeit, die der Autismus ihr bereitet, beschreibt Sarah Egli als die Abwesenheit von Filtern. Licht, Geräusche, Gerüche, alles prassle intensiv auf sie ein:
« Das Fehlen von Filtern habe ich auch in meinen Gedankengängen, denn da sind immer alle Türen offen. Das macht mich einerseits sehr kreativ, andererseits ist es hinderlich im Alltag. »
Ihre Welt ist die Literatur. Mit zwölf Jahren schrieb sie ihre ersten Gedichte. Seit 2017 veröffentlicht sie ihre Gedichte bei ProLyrica, dem Online-Portal der Schweizerischen Lyrischen Gesellschaft. Zur Zeit schreibt sie für das Kulturprojekt EDITION UNIK ihr nächstes Buch mit autobiographischen Prosatexten und Gedichten.
« Ich habe Techniken und Hilfsmittel, die ich einsetzen kann, wenn ich von Reizen überflutet werde. Dazu gehört der Stressball. »
Sarah Egli mit einem Stressball. Der Ball hilft Sarah, wenn sie gestresst ist. Bildnachweis: Michael Waser
Laut Sarah Egli erleben Autist:innen im Zusammensein mit anderen Menschen viele Missverständnisse:
«Wir Autist:innen brauchen eine glasklare, direkte Kommunikation, weil wir alles wörtlich nehmen und nicht zwischen den Zeilen lesen können.»
Besonders schwierig sind für Egli stundenlange Ansammlungen grosser Menschenmengen auf engem Raum. Trotzdem geht sie an Konzerte und ist sogar aktives Mitglied der SP. Sie handhabe das so:
«Ich habe gelernt, mir Auszeiten zu nehmen. Wenn ich an ein Konzert oder eine politische Versammlung gehe, brauche ich am Tag zuvor und danach völlige Ruhe und Alleinsein.»
In einer für Sarah Egli idealen Welt gäbe es beispielsweise an Arbeitsorten einen reizarmen Ruheraum, eine Art Schneckenhaus ohne grelles Licht und ohne Bildschirme, Handys, Geräusche, Umhergehen oder Gespräche.
Bei Terminen mit Behörden sei für sie die Möglichkeit eines digitalen Austausches enorm hilfreich. Von den Organisationen, die die Interessen von Autist:innen vertreten, wünscht sie sich, dass direkt Betroffene in die Leitung aufgenommen werden. Und wie viele Menschen mit Beeinträchtigungen wünscht sich Sarah Egli:
« Redet mit uns, statt über uns! »
Sarah Egli. Bildnachweis: Michael Waser